In loser Folge dokumentiert ostfussball.com in dieser Rubrik mehr oder weniger (ost)fußballtangierende Kostbarkeiten der deutschen Schriftsprache – unkommentiert, da die Fundstücke zumeist schon einiges selbst postulieren, dabei durchaus bereits ihrerseits sprechen oder auch einfach nur Geschichten über die ältere oder etwas jüngere Geschichte zu erzählen scheinen …
(…) “… dann kommst Du in die Keibelstraße.” Wer in Ost-Berlin aufwuchs, kennt diese Drohung. Östlich des Alexanderplatzes erstreckte sich bis 1990 das Präsidium der Volkspolizei. Mittendrin die Untersuchungshaftanstalt II, deren Existenz – im Gegensatz zum MfS-Knast Hohenschönhausen – grundsätzlich bekannt war. Nach 1990 geriet der Zellentrakt jedoch in völlige Vergessenheit (…)
Der Gang in das fünfstöckige Gebäude gleicht einer Zeitreise. Nichts scheint sich seit dem Untergang der DDR verändert zu haben, nur etwas verfallener ist die Halle mit offenen Rundläufen – errichtet ab 1949 nach Vorbild US-amerikanischer Gefängnisse. Wer hier einsaß, war zumeist schwerster Verbrechen beschuldigt – in der Keibelstraße wurden Morde, Vergewaltigungen oder brutale Körperverletzungen in insgesamt 9 Dezernaten untersucht. Aber eben auch politisch auffällige Jugendliche, Asoziale und Arbeitsscheue (der berüchtigte §249), oder Eltern von Republikflüchtigen (…) fanden sich im Präsidium wieder. Im Haus residierte ebenfalls die Untersuchungsabteilung 9 der Berliner Staatssicherheit.
20 Jahre befand sich der Zellentrakt in Vergessenheit (…)
Eine Nachwende-Geschichte als Haftanstalt hat das Gebäude nicht. In den 90er Jahre dienten die Zellen teils als Filmkulisse (…) Zur Fußball-WM 2006 sollte der Knast im Falle von Fan-Randalen noch einmal in Betrieb genommen werden. Die Polizei entschied sich schließlich dagegen. Die Zellen seien “menschenunwürdig, auch für Hooligans”.
Faksimile: tz-online.de
[Quelle im vollständigen Original -> "Vergessenes DDR-Polizeigefängnis wird Bildungsstätte", berlinerumschau.com, 20. Dezember 2010, 14:37]
